Alpen 1999 : Furka-, Nufenen-, Gotthard-, Susten- und Grimsel-Pass
Eine Menge Spaß bietet die "Achterbahn" zwischen den Urner Alpen und dem Wallis. Der Begriff "Achterbahn" passt hervorragend sowohl zum Streckenverlauf als auch zum Höhenprofil. Acht Überquerungen von sechs Pässen versorgen uns mit genügend Kurven und unvergesslichen Impressionen. Bekannte Namen wie St. Gotthard, Via Tremola, Schöllenschlucht und Teufelsbrücke begleiten unsern Weg.
In Kürze:
Disentis, Oberalp-Pass, Andermatt, Furka-Pass, Gletsch, Ullrichen, Nufenen-Pass, Ariolo, St. Gottthard-Pass, Hospental, Schöllenenschlucht, Göschenen, Göscheneralpsee, Wassen, Susten-Pass, Innertkirchen, Grimsel-Pass, Gletsch, Furka-Pass, Hospental, Andermatt, Oberalp-Pass, Disenits.
10 h, 300 km
Im Detail:
Nach dem Frühstück – noch etwas klamm in den Gliedern – kommt der Oberalppass gerade recht zum Einfahren. Wenig Verkehr und breite nicht zu enge Kehren sorgen für flottes Vorankommen und Fahrspaß mit schönen Schräglagen. Oben geht’s durch moos- und flechtenbewachsene Steine parallel der Rhätischen Bahn. Die Abfahrt von höchsten Punkt bei 2044m in den Touristenort Andermatt hinunter in den Kanton Uri ist leider etwas langweilig. In Andermatt durchfahren wir den engen Ortskern und halten uns dazu links Richtung Hospental und Furka-Pass. An Hospental vorbei kommen wir auf einer langen und gerade Strecke durch's Furka-Tal nach Realp. Bis hierher fahren wir immer noch parallel zu dem Gleis des Glacier Expresses. Nach Realp beginnt der Aufstieg auf den 2431m hohen Furka-Pass.
Das kleine Hospiz rechts und die Gaststätte links sind nicht sehr besucht, denn die Show spielt sich etwas weiter am Rhône-Gletscher am Hotel Belvedere ab. Hier ist das dunkelblau-grüne Gletschereis zum Greifen nahe. Wer es anfassen möchte, dem sei ein Besuch der künstlich gebauten Eishöhle empfohlen. Der Eingang erfolgt durch den Kiosk. Außerdem hat man einen prima Ausblick hinunter nach Gletsch ins Rhônetal, sowie auf die westliche Flanke des Grimsel-Passes. Ähnlich den Fahrten durch's Hinterrheintal kann man sich kaum vorstellen, wie aus diesem Bach mit grünem Wasser einmal ein Strom wird. Man stelle sich vor, daß die Gletscherzunge in früheren Jahrhunderten bis hinunter nach Gletsch reichte!
Unten in Gletsch fallen die alten Hotels auf, die schon bessere Zeiten erlebt hatten. Aber ein guter Teil ist bereits renoviert und man hofft, dass die "alten Zeiten" wieder Einzug halten. Im Ort fahren wir geradeaus, der Rhône entlang, nach Ullrichen, am Fusse des Nufenen-Passes. Mit 2478 m ist es der zweithöchste der Schweizer Pässe. Die Strecke ist nicht so ausgebaut, wie auf den anderen Pässen dieses Tages, aber dennoch sind Omnibusse und LKWs zu überholen. Es ist also nicht so, dass man nur Autos und Motorräder vorfindet, wie in mancher Literatur suggeriert wird. In einigen Kehren geht es hinauf zur Passhöhe. Die Straße ist teilweise recht holprig und landschaftlich wenig ergiebig. Dies ändert sich auf der Passhöhe. Hier oben, an der Grenze zum Tessin, öffnet sich ein fantastisches Panoroma auf viele schneebedeckte Gipfel. Selbst der kleine Gipfelsee ist dieses Jahr im August noch eingerahmt von Schnee.
Im Tessin führt der Abstieg hinunter in Val Bedretto. Das Tal zieht sich durch einmal mehr oder weniger bewaldete Hänge, die hin und wieder rechts und links steil aufragen.
Bevor wir nach Ariolo kommen, läßt uns die Trassenführung der neuen Gotthard-Überquerung staunen. Eine gute Anzahl von Brücken und Hangbrücken hilft der Straße über den St. Gotthard. Wir ziehen jedoch die Via Tremola vor. Die Straße des Zitterns hat auch heute noch ihren Namen zurecht. Nicht weil sie uns Angst macht, sondern weil die ganze Fuhre auf dem Kopfsteinpflaster vibriert. In Ariolo folgen wir immer der blauen Beschilderung "St. Gotthard Pass". Sobald wir Pflaster unter Rädern haben, sind wir richtig. Bereits nach der erste Kehre hat man eine erstaunliche Höhe erreicht, wie ein Blick hinunter nach Ariolo bestätigt.
Weiter oben wird man nochmals "versucht", die neue Straße zu benutzen. Hier muß man unbedingt dem weißen Schild zur "Via Tremola / St. Gotthardo" folgen.
Auf der Straße herrscht kaum Verkehr. Dennoch ist man gezwungen, moderat am Gasgriff zu drehen. Erstens bietet das Kopfsteinpflaster nicht viel Grip und zweitens überrascht es mit tiefen Schlaglöchern. Diese sind aufgrund der optisch unruhigen Oberfläche selbst bei Tageslicht erst im letzten Moment zu erkennen. Drittens ist die Straße schmal und die Kehren sehr eng. Es ist ein Muß, diese Kult-Straße einmal oder öfters zu fahren. Oben am Pass beim Museum und dem Denkmal halten wir uns rechts. Sonst geraten wir wieder auf die neue Strecke. Aber die Via Tremola findet dennoch bald ihr Ende und mündet in die neue Trasse hinunter nach Uri und Andermatt. Die Abfahrt ist schlichtweg als langweilig einzustufen.
Vor Andermatt halten wir uns links und fahren am Ort vorbei zum Susten Pass. Noch vor Göschenen kommen wir zur Teufelsbrücke. Dies ist der Einstieg in die wilde und zerklüftete Schöllenen-Schlucht.
Die Sage: "Do sell der Tyfl a Brigg bue", sagte irgendwann vor über 700 Jahren ein Rat angesichts der Wassermassen, die den Gotthard unzugänglich machten. Der Teufel erschien und versprach die Brücke, wenn der Erste der sie überschritt, ihm gehöre. Der Pakt wurde besiegelt. Ein ganz Pfiffiger kam auf die Idee, als erstes eine Ziege über die Brücke zu treiben. Diese "Bauernschläue" wurde ihm jedoch zum Verhängnis: der Teufel soll ihn in Stücke zerfetzt haben.
Vorbei an eckigen, spitzen Felsbrocken, durch steile Hänge eingekeilt, kommen wir hinunter nach Göschenen. In der Ortsmitte machen wir einen 20 km langen Abstecher zum Göscheneralpsee. Auf einer kleinen Straße geht es vorbei an Wiesen und Bäumen durch's Göschener Tal. Weiter oben wird die Gegend steiniger und wir fahren, auch ab und zu durch Tunnels auf den Dammastock und den Triftgletscher zu. Dessen Schmelzwasser landet am Ende der Straße in einem grünen Stausee. Häufig türmen sich die Felswände recht steil auf und fallen ebenso ab hinunter in die Schlucht. Auf diese erhält man besonders auf der Fahrt zurück tolle Ausblicke.
Zurück in Göschenen geht es links ab in Richtung Wassen zum Sustenpass. Nach Wassen beginnt die Auffahrt mit einer schönen Tunnel-Brücken-Kombination. Danach wird's erstmal etwas "gerade" durch das Meiental. Vor den Augen türmen sich die schneebedeckten Gipfel der Fünffingerstöcke, das Sustenhorn und der Fleckistock auf. Schnell führt die Straße jetzt auf gut ausgebauten Kehren ins Hochgebirge. Am höchsten Punkt bei 2224 m führt die Straße durch einen Scheiteltunnel. Dahinter bietet sich ein sagenhafter Blick auf eingeschneite Bergspitzen und Gletscher. Einer kommt uns gleich zum Greifen nahe: Der Steingletscher. Seine Zunge reicht zwischen zwei schneebedeckten Gipfeln hinunter bis zu einem kleinen Gebirgsee. Beim Hotel Steingletscher kann man für fünf Franken auf einer Privatstraße dem Eis näher kommen. Aber selbst am Ende ist noch ein Fußmarsch nötig, um überhaupt bis zum Gletschersee zugelangen. Wir verzichten deshalb darauf und fahren weiter bergab durchs hübsche, grün leuchtende Gadmental bis nach Innertkirchen. Links und rechts begleiten uns dabei hohe Berge.
Auch auf der Abfahrt ist der Susten kein Pass für Kehrenfetischisten. Es ist eine super Strecke, wenn man es etwas laufen lassen kann. Dann erlauben die Radien des öfteren das Aufsetzen der Fußspitzen oder -rasten.
In Innertkirchen halten wir uns südlich Richtung Brig durch das Haslital. Wir kommen an den Anstieg des Grimselpasses. Anfangs fahren wir durch Wald und Wiesen. Doch bald ändert sich das Bild. Die Gegend wird archaisch. Spitze Felsen, spärlich bewachsen bestimmen das Bild. Auf der gut ausgebauten Straße taucht vor uns eine graue Staumauer auf. Mitten in der Staumauer -- als Bestandteil dieser -- befindet sich auf einem riesigem Felsen, dem Nollen, das neue Grimelshospiz, ein Hotel der besseren Klasse. Das alte Hospiz wurde von einem der Stauseen überflutet. Auf ein paar weiteren Kehren kommen wir an die höchste Stelle, dem Totensee. Der Name Totensee soll von den Leichen kommen, die ausgangs des 17. Jahrhunderts nach einem Kampf zwischen Österreicher und Franzosen hier versenkt wurden. Das Granitgestein war zu hart, um sie zu begraben.
Kurz bevor es wieder bergab geht gibt es noch einen zweiten "Zoo", bei dem es mehr zu sehen gibt, als bei dem am Abzweig zum Oberaarstausee.
Wer Zeit mitbringt kann hier nochmals tiefer ins Hochgebirge eindringen. Auf einer sechs Kilometer langen Privatstraße gelangt man zum Oberaarstausse. Man muß aber mindestens zwei Stunden dafür aufbringen, da die Einbahnstrecke durch zwei Ampeln geregelt wird. Für diese Tour sicherlich zuviel Zeit, will man sie an einem Tag fahren.
Nach der Passhöhe geht es in Kehren hinunter nach Gletsch. Blickt man über den Hang zeigt sich der Straßenverlauf bis hinunter ins Tal. Auf der anderem Seite sieht man den Aufstieg zum Furka-Pass, den wir jetzt nochmal von der anderen Seite her fahren. Die Abfahrt vom Grimsel ist rechts flott, wenn der Verkehr es erlaubt.
Zurück führt der Weg nach Gletsch, über den Furka nach Andermatt. Vor Andermatt fahren wir rechts ins Zentrum hinein und fast geradeaus über den Oberalppass nach Disentis. Dabei zeigt sich, dass ein Pass ein anderes Bild bietet, wird er in der anderen Richtung befahren.
Fazit: Eine sehr hohe Passdichte bestimmt diese Tour. Alle Pässe setzen keine besondere Erfahrungen voraus und sind deshalb durchaus für Pass-Anfänger geeignet als auch für Biker, die etwas flotter um die Kurven zirkeln wollen. Nufenen, Grimsel und Susten bieten fantastische Hochgebirgspanoramen. Der Furka lockt mit dem nahen Rhône-Gletscher.
Copyright 1999-2006, Harald Meyer, 96193 Wachenroth. Letzte Änderung 11.11.06