Alpen 1999: Disentis, Lukmanier, Lago Maggiore, Alpe di Néggia, Verzasca-Tal, S. Bernardino, Thusis

Diesmal genießen wir etwas "dolce far niente". Wir fahren weniger Kehren, sondern geniesen italienisches Flair südlich des Lukmaniers bis hinunter zum Lago Maggiore. Einen Abstecher machen wir ins Val Verzasca mit seinen Naturstein-Häusern und -Dächern.

In Kürze:

Disentis, Lukmanier Pass, Olivone, Biasca, Bellinzona, Magadino, Alpe di Néggia, Maccagno, Sonogno, Bellinzona, Mesocco, S. Bernardino Pass, Thusis

400 km, 9,5 h

 

Im Detail:

Disentis ist vor allem bekannt durch sein Kloster, dessen Äbte maßgeblich an der Gründung des "Grauen Bundes" mitgewirkt haben sollen. Zu Barbarossas Zeiten kontrollierten sie auch den Lukmanier Pass.

Nach Disentis geht es an der zerklüfteten, wild wirkenden Medelser Schlucht vorbei. Bäume säumen unseren Weg auf den Lukmanier und schirmen das Sonnenlicht ab. Hinauf führt eine sehr gut ausgebaute, breite Straße ohne enge Kehren, sondern mit angenehmen Radien, die zügiges Fahren erlauben. Der Baumbestand wird schnell dünner und die Umgebung karger.Lukmanier Pass Am sanften Hang einer steinigen Mulde führt die Straße empor. Etwas vor der höchsten Stelle schiebt sich die graue Staumauer des "Lai da Sontga Maria" ins Bild. Bis zum 1914 m hoch gelegenen Übergang sehen wir rechts unter uns den See.

Auf den Kurven bis hinunter nach Olivone wird es permanent wärmer. Aber nicht nur an der Temperatur ist das Tessin zu erkennen. Die Palmen, der Baustil, die Fassaden, die Menschen und ihre Sprache gaukeln uns vor in Italien zu sein.

Durch kleine Ortschaften geht es durch das Brenno-Tal bis nach Biasca. Hier nehmen wir die Autobahn an Bellinzona vorbei bis zur Abfahrt nach Locarno/ Bellinzona Süd. Dabei folgen wir dem Ticino fast bis zu seiner Mündung in den Lago Maggiore. Dessen Ufer erreichen wir bei Magadino.

Wer angesichts des Wassers am liebsten gleich in die Badehosen springen möchte, sollte noch etwas Geduld haben. Zurück von der Alpe di Néggia gibt es schönere Gelegenheiten dazu, direkt an der Straße.

Zur Alpe di Néggia fahren wir ein kurzes Stück am See entlang und biegen in Vira links ab und halten uns immer in Richtung Lago MaggioreIndemini. Nach einer kurzen Einbahnstrecke mit Ampel führt die Straße in Kehren bergan. Anfangs zeigt sich durch die Bäume immer wieder ein fantastischer Ausblick auf den See und Locarno am gegenüberliegenden Ufer. Später wird der Wald zu dicht und die Serpentinen führen um Hügel herum, welche die Sicht nehmen. Die Kehren sind teilweise sehr eng und überhöht.

Es ist eine wahre Freude, die vielen Kurven den Pass hoch zu fahren. Am Scheitelpunkt bei 1395 m bietet sich die Möglichkeit ein wenig einzukehren, bevor es auf noch mehr Kurven hinunter nach Maccagno geht. Auf der schmalen Straße ist Vorsicht geboten. Nicht immer fahren entgegenkommende Autos auf ihrer Seite, schon gar nicht der Postbus. In den Kehren erschweren Bäume die Sicht nach unten, denn ein guter Teil der Strecke schlängelt sich am Hang entlang durch Wald. Hin und wieder wird aber der Blick frei hinunter ins Valle deVeddasca, auf ausgedehnte Baumbestände und nicht zuletzt den See.

Nach etwa einem Drittel der Abfahrt kommt die Grenze nach Italien. In gewohnter Weise geht es durch kleine und enge Ortschaften weiter bergab bis ans Ufer des Lago Maggiore. Meist lichtet sich erst kurz vor den Ortschaften der Wald und nimmt uns kurz danach wieder auf.Sonogno

Nach ein paar Kilometern Richtung Schweizer Grenze und Bellinzona lohnt es sich, die Badehosen dabei zu haben und sich kurz im See abzukühlen. Denn wer weiß, wie das Wetter hinter dem Bernardino ist. Aber denken wir noch nicht an den Rückweg, sondern machen bei Tenero noch einen Abstecher in Valle de Verzasca.

Anfangs geht es stark bergan. Dann erscheint die gewaltige, ca. 220m hohe Staumauer am Lago di Vogorno. Diese zeigt uns deutlich, wie schnell wir Höhe gewinnen. Rasch ist die Krone mir uns auf einer Höhe. Eine Menge Autos und Besucher tummeln sich auf Parkplätzen und der Straße herum. Für Petra und mich zuviele. So halten wir nicht an und fahren weiter ins Tal hinein.

Sagenhaft, wie manche Ortschaften, die wir an den Hängen ausmachen, dort regelrecht angeklebt sind. Und die Bauweise fällt auf: fast alle Häuser samt den Dächern wurden komplett aus grauen Natursteinen und -platten aus Gneis gebaut.

Faszinierend auch, welche Gewalt dazu nötig ist, die riesigen Felsbrocken im Bett der Verzasca dorthin zu bewegen. Nach etwa der halben Strecke kommen wir zur Ponti dei Salti, einer schmalen, ebenfalls aufgeschichteten Brücke über die Schlucht. Die Kuhle, welche die Verzasca hier in den Fels gegraben hat, dient vielen Besuchern als Badeplatz und die glatte Felsoberfläche als Liegewiese.

Wir fahren weiter in dem Tal, bis uns die Straßensperrung in Sonogno stoppt. Hier ist für den normalen Verkehr Endstation. Gerne wären wir noch weiter gefahren. Also umgedreht und das Tal wieder zurück. In Gordola kann man wählen, wieder so zurückfahren wie man gekommen ist, oder am Ortsende nicht rechts abbiegen, sondern gerade aus weiter Richtung Sementina/Bellinzona. Beide Varianten führen wieder auf die Autobahn 13 nach Mesocco zum S. Bernardino. Wir wählten Variante 1, um etwas Zeit einzusparen.Ponte di Salti

Wir fahren auf der Autobahn durchs Valle Mesolcina bis nach Mesocco. Die Landstraße verspricht keinen großen Unterschied. Erst bei Mesocco wird dieser eklatant und wir wechseln die Bahn. Viele Kurven und Kehren bestätigen die Entscheidung. Es dauert zwar noch ein Stück bis zum S. Berardino, aber Pass-Feeling stellt sich bereits jetzt ein. Nach der Ortschaft Bernardino geht es noch mal richtig zur Sache. Gut ausgebaut ist er, der Bernardino. Aber enge Kehren hat er auch. So geht es mal mit flotten Schräglagen in die Kurven oder mal im ersten Gang in die Kehren.

Was die "Ufos" auf Stelzen kurz vor der Passhöhe bei 2065m betrifft: Kriegt das mal selber raus! Dem Hospitz sieht man sein Alter an. Auch die Einrichtung scheint von einer älteren Generation zu stammen. Dafür ist die Bedienung sehr freundlich und die Preise auch nicht unverschämt.San Bernardino

Unten im Tal fahren wir wieder auf die Autobahn bzw. Schnellstraße und an Nufenen und Splügen vorbei. Beides Namen, die man als Motorradfahrer wohl eher mit Pässen als mit Ortschaften in Verbindung bringt. Trotz der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 und 80 km/h sind wir schnell in Thusis und von dort aus in Reichenau, wo wir Richtung Disentis die Autobahn verlassen und in die Surselva fahren. Surselva bedeutet soviel "wie über dem Wald".

Was jetzt kommt, ist nochmal eine schöne Strecke zum Abschluß durch's Rheintal, vorbei an Flims, der Rheinschlucht, Illanz und Obersaxen zurück nach Disentis.

Fazit:

Die Highlights des Tages waren sicher die Alpe di Néggia, das Verzasca-Tal und der S. Berardino. Mich fasziniert immer der Wechsel der Natur, des Menschenschlages und der Art zu leben, wenn man über den lezten Berg nach Süden fährt.