Sardiniens Westküste

Franz Märchy, Juni 1999

Tourüberblick:

Überfahrt mit Fährschiff der Avimare Tirrenia von Genua nach Porto - Torres

Abfahrt Genua 11.6. 19.30Uhr

Ankunft Porto – Torres  12. 6. 8.30Uhr

Rückreise Freitag  18.6. 19.30Uhr ab Porto – Torres

Ankunft Genua  19.6. 8.30Uhr

Anschließend Rückfahrt nach Zürich. Strecke je nach Wetter und Laune

 


Freitag  11.6.99

Freitagmorgen, es kam wie es kommen mußte, Wetter kalt und trübe und ab und zu leichtes Nieseln. Warm eingepackt fuhren Jakob und ich um acht Uhr los zu unserem Treffpunkt. In Wetzikon kam bereits das erste Problem. Jaco fuhr mit zu weitem Abstand hinterher und beim ersten Blinklicht mußte er natürlich warten. Ich wartete am Ortende, doch Jaco kam nicht. So fuhr ich weiter nach Niederurnen, traf Kurt am vereinbarten Ort. Jaco kam etwa zehn Minuten später, er hatte einen anderen Weg gewählt.

Über Chur und durch den San Bernardino Tunnel geht’s dem Süden entgegen. In Splügen mußten wir den ersten wärmenden Kaffee nehmen. Von Sommer war noch nichts zu spüren, nur 7° C. Immer noch im Kampfanzug durchfuhren wir die Röhre. Einmal draußen, lacht die südliche Sonne. Verschiedene Baustellen erschwerten wie gewohnt die Weiterfahrt. In Bissone genehmigten wir uns die ersten Spaghetti, aber die Qualität lies sehr zu wünschen übrig.

Weiter geht die Fahrt dem See entlang. Von Mendrisio aus benützten wir wieder die Autobahn. Nach dem Grenzübertritt übernahm Kurt die Führung und fährt auf der Umfahrung von Mailand prompt in die falsche Ausfahrt. Er suchte Genua an der Strecke nach Turin. Bis wir wieder auf der richtigen Bahn waren, hatten wir fast eine Stunde vergammelt. Doch nun geht die Reise ungehindert weiter Richtung Süden, dachten wir. Zwanzig Kilometer vor Genua war die flüssige Fahrt zu Ende. Ein Stau stoppte unsere Fahrt, die Temperatur war ziemlich hoch. So schlüpften wir im Schrittempo zwischen den Fahrzeugen durch.

In Bolzanetto, kurz vor Genua war unsere Geduld am Ende. Wir haben für die letzten 15 km über eine Stunde gebraucht, auch war die Zeit zum Einschiffen ziemlich nahe gerückt. So verließen wir die Bahn, um gleich in das nächste Schlamassel zu geraten. Hier geht überhaupt nichts mehr. Von Wegweisern nach Genua war gar nichts zu sehen, geschweige denn zum Hafen.

Nach langem hin und her, durch verschiedene verstopfte Straßen, sahen wir endlich die verschiedenen Fähren. Bis wir dann aber die richtige Einfahrt in den Fährhafen gefunden haben, hat auch nochmals einige Nerven gekostet. Selbst eine Polizeipatrollie hat uns den falschen Weg erklärt. Knapp eine halbe Stunde vor Abfahrt erreichten wir endlich das richtige Pier. Wir konnten gleich ins riesige "Maul" der Fähre einfahren, fanden einen guten Parkplatz und zurrten unsere Motorräder fest. Für uns stand fest, nie wieder in Genua eine Schiffsreise beginnen.

Einmal im Schiff, mußten wir uns durch die Massen kämpfen. Von der Mannschaft war keine Hilfe zu erwarten. Überall standen oder lagen Passagiere herum, die Kabinen seien alle besetzt, hieß es. Wir hatten eine Kabine im Erstklassabteil gebucht und suchten die aufgeführte Nummer auf eigene Faust. Als wir fündig wurden, fanden wir die Loge leer. So konnten wir endlich duschen. In den verschiedenen Restaurants standen die Menschen Schlange, selbst im Erster-Klasse-Restaurant wurden wir unwirsch weggewiesen. Nach gut einer Stunde bekamen wir dann einen Tisch für halb zehn Uhr.

In der Zwischenzeit war die Fähre mit einer Stunde Verspätung ausgelaufen. Wir begaben uns an Deck um ein bißchen frische Meeresluft zu schnuppern bis wir zum Essen gehen konnten. Wenn man so die vergammelten Rettungsboote anschaut, bekommt man schon ein mulmiges Gefühl wie das von statten gehen soll, wenn etwas passieren würde. Endlich war es dann soweit, wir bekamen einen Tisch. Die Vorspeise war wiederum Spaghetti, die Hauptspeise Schuhsohle mit Kartoffeln und Salat. Wenigstens war der Wein super und der nachfolgende Grappa sehr zu empfehlen. Nach dem teuren Nachtessen verzogen wir uns in unsere Kabine um wenigstens ein bißchen Ruhe zu finden.


Samstag, 12.6.99

Das Schlafen in diesen engen Kabinen ist wenigstens besser, als draußen irgendwo in einer Ecke zu nächtigen. Schon früh morgens waren wir auf den Beinen, begaben uns ins Restaurant um etwas zu essen. Wiederum mußten wir anstehen um dann zu erfahren, es gäbe nichts mehr, nur noch Kaffee oder Capuccino. Gegen sieben Uhr sah man Passagiere mit Sandwiches herumlaufen. Wieder war anstehen angesagt. Wir konnten noch drei ergattern. Anscheinend war der Stift der diese Brötchen gebacken hat, bereits an Altersschwäche gestorben, so trocken waren diese Dinger. Zu allem Überfluß kommt noch die Meldung, dass die Fähre erst gegen zehn Uhr in Porto – Torres ankommen würde. Bis wir dann endlich das Schiff verlassen konnten war es Mittag. Ein riesen Puff herrschte in den Gängen. Die verschiedenen Abgänge waren so eng, so dass man nur in Einerkolonne zu den Türen in den verschiedenen Autodecks gelangen konnte.

Außerhalb Tores wurde noch aufgetankt und dann konnte es losgehen. Unser erstes Ziel war Alghero in der Provinz Sassari. Jaco hatte es eilig und fuhr an der Abzweigung vorbei. Kurz vor Sassari verließen wir dann die Schnellstraße, um über die N 127 nach Alghero zu gelangen. Eine wunderbare Landschaft erwartet uns. Überall waren Rhododendren und Bugavillias an den Straßenrändern zu sehen. Von Verkehr keine Spur, wir waren offenbar alleine unterwegs. In Alghero suchten wir ein Beizlein, um endlich einmal etwas zu essen. Fündig wurden wir aber erst außerhalb des Städtchens

 Jaco entdeckte einen unscheinbaren kleinen gelben Wegweiser zu einem Restaurant. Wir wendeten, fanden einen leeren Parkplatz mit einem kleinem Gebäude. Niemand war zu sehen.

Jaco traute der Sache nicht und schaute nach. Tatsächlich war jemand da. Ein alter Mann ruft zum Fenster heraus "mangiare- mangiare, aperto-aperto" Wir waren die einzigen Gäste. Sofort wurde ein Tisch vorbereitet, der Patrone telefonierte und in zehn Minuten herrschte Leben in der Küche. In kurzer Zeit zauberte die Küchenmannschaft ein herrliches Essen zusammen. Wir haben den Halt nicht bereut.

Die Küstenstraße von Algero nach Bosa kann sich mit der "Number One" in Kalifornien durchaus vergleichen. Nicht so lang, aber um so schöner. Kurvenreich schlängelt sich die sehr gut ausgebaute Straße der einzigartigen Küste entlang. Das smaragtgrüne klare Wasser funkelt in der heißen Mittagssonne. Eine Traumlandschaft offenbart sich hier. Von Bosa aus, das wir später besuchen wollen, führt die Straße hinauf nach Tinnura. Über eine Hochebene führt die gute Straße hinauf zum Bergdörfchen Cùglieri. Von weitem sieht man die beiden Türme der Pfarrkirche Santa Maria della Neve, die sich in phantastischer, erhöhter Lage am Ortsrand auf dem Colle Borduse befindet.

Langsam wird es Zeit eine Bleibe für die Nacht zu finden. In Santa Catarina di Pittinuri wurden wir fündig. Uns wurde ein Appartement an leicht erhöhter Lage mit Aussicht auf’s Meer angeboten, das wir gleich für die nächsten paar Tage buchen wollten. Das Abendessen konnten wir unten im Hotelrestaurant, direkt am Meer, einnehmen. Das Essen war einsame Spitze und der Preis stimmte auch. Unten am Strand tummelten sich noch einige Leute in der Abendsonne. Die weiß schäumenden Wellen, die in regelmäßigen Abständen auf den sauberen Sandstrand rollten, brachten uns in eine angenehme Ferienstimmung, so dass wir nicht nur einen halben Liter Vino Casa die durstigen Kehlen hinunter rieseln ließen. Gegen elf Uhr traten wir zu Fuss den Rückweg zu unserem Appartement an, wo wir von einer schnurrenden Katze liebevoll begrüßt wurden. Eine Weile noch saßen wir auf der Terrasse und genossen die sternklare Nacht. Kein Laut war mehr zu hören nur noch Stille. Über dem Meer war das Glitzern des Mondes zu sehen, der hell am Himmel stand.


Sonntag, 13.6.99

Nach sehr gut durchschlafener Nacht waren wir gegen sieben Uhr munter. Der Tag verspricht blauen Himmel und angenehme Temperaturen. Unsere Mieze von gestern abend streicht miauend um uns herum. Die Motorräder werden ein bißchen sauber gemacht. Frühstück wäre eigentlich im Hotel vorgesehen, aber da ist noch alles dicht. So tranken wir nebenan in einer kleinen Bar einen Capuccino mit einem Stück Kuchen. Wir hatten keine Lust zu warten, bis das Restaurant geöffnet wird, das schöne Wetter reizte zu sehr zum Aufbruch.

So fuhren wir dann los, zurück nach Cuglieri und hinauf nach Santa Lussurgiu. Die kleine Ortschaft erstreckt sich halbkreisförmig ansteigend an der Ostflanke des rund tausend Meter hohen, dicht bewaldeten Monte Ferru. Die Aussicht in die weite Ebene von Paulilatino ist sehr einladend. Uns zieht es aber weiter zum Lago Umodeo, wo wir eine Badegelegenheit suchten, aber keine fanden. So entschließen wir zum Lago di Usana in der Nähe von Fonni zu fahren. Hier kannten wir auch ein gutes Restaurant, dass wir letztes Jahr entdeckt hatten.

Die Strecke führt uns durch schöne Laub- und Korkwälder auf einsamer Straße dem gewünschten Ziel entgegen. Abwechselnd waren Rinder – und Ziegenherden zu sehen. Eine Landschaft wie im Bilderbuch. Plötzlich begannen uns die Augen zu brennen, irgendwo muß eine Chemiefabrik ihr Unwesen treiben und giftige Dämpfe ablassen. Jaco merkte nichts davon. Am frühen Nachmittag, gerade zur Essenszeit befanden wir uns vor Ort. Wiederum erwartet uns ein schmackhaftes Mittagessen und ein sehr guter Vino Casa mit anschließendem Grappa. Nachher begaben wir uns zum See hinunter, wo wir ein wenig Siesta hielten. Ein herrliches Bad im See unten ohne war das, das wir in vollen Zügen genießen konnten. Es war zwar Sonntagnachmittag, aber keine Menschenseele war zu sehen.

Nach ca. zwei Stunden traten wir den Rückweg an, aber Jaco’s Maschine springt nicht an und muß angeschoben werden. In Sarule geht die Straße links weg nach Ottana, wo wir die Schnellstraße bis Pauliantino benützen wollten, doch Jaco fuhr wieder einmal an der Ausfahrt vorbei. Über Milis erreichten wir auf kleinen Nebenstraßen wieder unser Domizil. Unterwegs wurden noch einige Kleinigkeiten für die Mieze gekauft, die, kaum waren wir abgestiegen, schon wieder um unsere Beine schlich. Sie bettelte nach Freßbarem, was sie natürlich auch von uns bekam.

Zuhause wurde dann klar, warum der Anlasser von Jaco’s Maschine nicht mehr drehte. Die Batterie war komplett ausgetrocknet. Nun wußten wir auch warum uns die Augen brannten. Die austretenden Dämpfe aus der siedenden Batterie waren die Ursache. Da kein destilliertes Wasser vorhanden war, kochten wir normales Wasser ab und füllten damit die Batterie, die sich sofort wieder regenerierte. Das Motorrad konnte wieder gestartet werden.

Inzwischen waren starke Winde aufgekommen, so das wir das Nachtessen im Speisesaal genießen mußten. Wiederum einsame Spitze. Kurz nach zehn Uhr spazierten wir wieder in unsere Behausung zurück, um von der Mieze wieder empfangen zu werden. Ein Schwatz auf der Veranda beendete wieder einen schönen abwechslungsreichen Ferientag.


Montag, 14.6.99

Dass das Wetter auf Sardinien schön ist, muß man eigentlich gar nicht mehr extra erwähnen. Es ist einfach insgesamt schön, nicht nur das Wetter, auch die Landschaft. Für heute ist ein Ausflug an die Costa Verde geplant. Schon früh am Morgen waren wir auf den Beinen. Diesmal frühstückten wir im Hotel, um anschließend gleich los zu fahren. Nach Oristano suchten wir den Abzweiger nach San Antonio. Bei dem auf der Karte angegebenem Punkt war ein kleiner Feldweg, der dann aber nach ca. 100 m als Fortsetzung in eine gut ausgebaute Straße mündet. Nach weiteren 4 km führt die Straße über eine neue Brücke und endet im Nichts. Ein Schotterweg mit tiefen Schlaglöchern zeigt an, dass hier einmal eine Straße war.

So fuhren wir dann im Schrittempo noch etwa 4 bis 5km weiter, bis endlich der Weg in eine Hauptstraße einbiegt.

Einer Lagune entlang fahrend sahen wir zahlreiche Wasservögel, die unentwegt im seichten Wasser stocherten. Im Ort S. Antonio genehmigten wir noch einen Kaffe, was nachher folgt ist traumhaft. Rechts das grünlich schimmernde Meer. Links ein Vorgebirge mit zahlreichen Felsspitzen. Die kurvenreich ansteigende Straße führt uns immer wieder an einzigartigen Aussichtspunkten vorbei. Unterwegs kamen wir bei einer Geissenstallung vorbei wo gerade Milch verladen wurde. Dann kommt der Abzweig nach rechts hinunter zu Costa Verde.

Eine Küste von seltener Schönheit bietet sich uns an. Zahlreiche Buchten mit feinen Sandstränden, unterbrochen mit Felsvorsprüngen laden zum Bade, was wir dann auch ausgiebig genießen konnten. Ab und zu konnte man Badende entdecken, aber sonst war niemand zu sehen. In einer kleinen Strandbeiz gibt es was zu futtern. Was da "Mamma Leone" auftischte läßt jedem Gourmet das Herz höher schlagen und zu einem Preis, der seinesgleichen sucht. Fünf verschiedene Fischsorten, Garnelen, Muscheln, dazwischen Gemüse. Einfach super.

Vollgefressen verließen wir am späteren Nachmittag dieses gastliche Haus um über Arbus und Cospini zur Schnellstraße nach Oristano zu gelangen. Von hier wieder der Küste entlang zu unserem Appartement. In einem Laden deckten wir uns für das morgige Frühstück ein. Auch unsere Hausfreundin wurde dabei nicht vergessen. 


Dienstag, 15.6.99

Strahlend blau der Morgen, eine Fahrt ganz ohne Sorgen. Uns zieht’s nochmals in den Süden, zum Pan di Zucchero. Der Weg führt uns nochmals über die sogenannte "Pooebene" bis Guspini. Dann vibriert des Motobikers Herz. Die reinste Kurvenorgie beginnt. Ausgebaute Kurven folgen eine nach der andern bergwärts nach Arbus hinauf. Dann weiter auf der N 126 bis kurz vor Fluminimaggiore. Nach der Brücke, die über den Rio Rega führt, geht die Straße Richtung Buggeru hinaus an die Küste. Ein wunderbarer Sandstrand von ca. 6 km Länge stünde uns praktisch alleine zur Verfügung. Starke Wellen verhindern aber leider das Baden.

Diese Straße dem Meer entlang, komplett neu gebaut, führt uns durch Schluchten, einmal rauf, dann wieder runter, abwechslungsreicher könnte es nicht sein. Nach Buggerru steigt die Straße steil an der Felswand entlang, wo man einen schönen Ausblick über das Städtchen sowie auf das weite Meer genießen kann. Dann führt die Straße wieder durch eine enge Schlucht hinunter nach Masua, wo sich eine alte Zinn-Mine befindet. Diese wurde in den fünfziger Jahren infolge schlechter Rentabilität aufgegeben. Alles liegt vergammelt da, kein schöner Anblick, schade um die schöne Gegend. Draußen im Meer ragt imposant ein riesiger Felsklotz empor, der Zucchero. Eine kleine geschützte Bucht verführt die Touristen zum Baden.

Bei Fontanamare ist nochmals ein sehr langer und breiter Sandstrand mit vielleicht fünfzig Personen besetzt. Uns plagt aber Hunger und Durst, so dass wir ein Restaurant suchen. Wir wurden auch fündig, aber drinnen waren an die dreissig Frauen an einem Tisch versammelt. Deren Geschnatter war kaum auszuhalten, so das wir nach schnellem Verschlingen der Mahlzeit rasch das Weite suchten. Selbst der Patrone hat sich entschuldigt.

Wir verlassen nun den Küstenabschnitt, um gegen Iglesias zurück nach Gavino, Sardara hinein ins Vorgebirge zu gelangen. Man muß ein guter Pfadfinder sein um, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Von Wegweisern keine Spur. Über Mogorella suchten wir den Weg zurück nach Oristano um von da aus wieder nach Hause zu gelangen. Jaco und Kurt organisierten noch was zum Frühstück, so fuhr ich alleine in die Wohnung. Ich setzte mich in den Liegestuhl und döste so dahin, als mich plötzlich etwas am Bein kitzelte. Ich traute meinen Augen nicht, die Mieze hatte ein Junges im Maul und wollte es mir zeigen. Nach eingehender Vorführung packte sie es wieder ins Maul und lief davon, nicht ohne sich zu vergewissern, ob ich ihr auch folgen würde. 


Mittwoch, 16.6.99

Jetzt hat es uns auch in Sardinien erwischt, ein Blick am morgen zum Fenster hinaus und wir wußten was uns heute erwartet, Regen war angesagt. Tiefhängende Wolken verdeckten den ansonst blauen Himmel. Die Brandung hört man bis zu uns hinauf. Also haben wir wieder Zeit das Frühstück unten im Hotel zu nehmen. Eine kurze Aufhellung genügte und wir zogen los. Das Ziel wäre die weit hinaus ragende Halbinsel von Capo Mannu mit dem nachts weithin zu sehenden Leuchtturm. Wir hatten aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Auf halbem Weg fallen bereits wieder die ersten Tropfen. Sturmböen peitschten vom Meer her gegen das Landesinnere.

Wir wendeten unsere Maschinen und fuhren gegen Narbolla, ca. 10 km. vom Meer weg. Gerade noch rechtzeitig konnten wir eine rettende Bar erreichen, dann ging die Hölle los. In kurzer Zeit war die Straße ein reisendes Bachbett. Die vorhandenen Schachtdeckel wurden hochgehoben, eine braune schmutzige Brühe vermischte sich mit der bereits stark fließenden Strömung auf der leicht abfallenden Straße. Unsere Motorräder wurden unten bereits automatisch gewaschen. Nach gut eineinhalb Stunden war der Spuk vorbei, so das wir trocken nach hause fahren konnten.

Am Nachmittag guckte die Sonne wieder zwischen den Wolken durch, so dass wir uns zu einer Fahrt nach Bosa entschließen konnten. In Cuclieri wollten wir noch die Basilika anschauen und auch den Magen füllen. In der Hoffnung bei der Basilika parkieren zu können fuhren wir hinauf. Durch enge Gassen, die mit Kopfsteinpflaster bestückt sind, führt der Weg immer steiler werdend nach oben. An ein Anhalten, geschweige zu wenden, war nicht mehr zu denken. Ich war als erster oben und hörte nur noch das laute Fluchen von Kurt, der mit seiner schweren Maschine etliche Mühe hatte, nicht auszurutschen. So hat er auf dem steil abfallenden Vorplatz gleich gewendet und die kriminelle Abfahrt wieder gemeistert. Ich wollte noch einen Blick in die Weite der Landschaft werfen. Lauter Weinberge und Olivenbäume umsäumten dieses schöne Bergdorf. Nun begann auch ich wieder die Talfahrt mit gemischten Gefühlen. Durch enge verwinkelte Gäßchen fuhr ich wieder hinunter, hoffend dass die Gasse nicht plötzlich in einer Treppe endet.

In einem kleinen Palazzi fanden wir ein Restaurant, in welchem wir unseren Appetit befriedigen konnten . Den Kaffee aber wollten wir in Bosa trinken, das nur etwa 20 km entfernt ist. Besonders reizvoll ist die Lage der Stadt: Sie befindet sich nahe dem Meer und ist ins grüne, landwirtschaftlich genutzte Tal des Flusses Temo zwischen hoch aufragenden Felsen und flachen Hügel gebettet. Am Ufer des still dahinfließenden Flusses bereitet sich die hübsche Altstadt von Bosa aus, die sich dann steil den Hang hinauf in kleinen Gäßchen zum mittelalterlichen Kastell zieht, das hoch über der Stadt thront.

Zum Flanieren lädt außerdem die von Palmen gesäumte Uferpromenade entlang des Flusses Temo ein. Von der Mündung aus ist der Fluß einige Kilometer schiffbar. So legen auch Fischerboote an und bringen ihre Fracht direkt vor die Tore der Stadt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses sind noch alte Häuser zu erkennen, welche im letzten Jahrhundert als Gerbereien dienten. Heute stehen sie leer. Wir verlassen das hübsche Städtchen über die alte Bogenbrücke und fuhren über Montiferro zu unserem Domizil zurück.


Donnerstag, 17.06.99

Es ist wieder einmal soweit, Unsere Motorradreise geht langsam dem Ende entgegen. Für den Rückweg nach Porto – Torres haben wir noch eine größere Rundreise geplant. Nachdem wir am Morgen unser Zeche von nur Fr. 370.-- für fünf Nächte mit Halbpension bezahlt haben, rollten wir weiter, quer durch die Insel. In Seneghe gab es einen Wochenmarkt, fanden aber nichts passendes und fuhren gleich weiter. Das Wetter war einmalig, die Sicht ins Gebirge wunderbar klar. Unser Ziel war vorerst der Nationalpark von Giara di Gesturi. In diesem Park sollen sich noch Wildpferde in freier Natur befinden.

Eine schmale Straße führt uns von Gesturi aus hinauf ins Parkgebiet, das doch ca. 900 m üNN liegt. Nach einem kurzen Spaziergang konnten wir einige Aufnahmen dieser Pferde machen. Anschließend macht sich auch der Appetit wieder bemerkbar. In Gergei fanden wir das passende Restaurant. Auf acht verschiedenen Platten wurde die Vorspeise serviert, eine Spaghetti Rabbiata rundete die Superspeise ab. Was man in diesem Land alles zu Essen kriegt, und das für wenig Geld ist einfach sagenhaft.

Weiter geht unsere Schlangenfahrt auf der N 198 nach Seui, wo nochmals aufgetankt wurde. Eber den Tonneri-Pass suchten wir den Weg Richtung Arbatax. Durch Zufall fanden wir am Lago di Alto ein sehr gutes Hotel mit schöner Panoramasicht auf den Stausee und das dicht bewaldete Gebirge. Auch hier war das Essen wieder ausgezeichnet und der Preis günstig.


Freitag, 18.06.99

Nach einer sehr gut durchschlafenen Nacht war der letzte Tag auf Sardinien angebrochen. Kurz nach neun Uhr verließen wir das gastfreundliche Hotel Richtung Norden. In Villagrande nahmen wir die Straße nach Talana und Urzulei, von wo wir auf die N 125 Richtung Nuoro einschwenkten. Der Weg nach Talana ist offenbar sehr Steinschlag gefährdet. Die ganze Straße ist übersät mit riesigen Felsbrocken in Zimmergröße, man mußte zum Teil richtig Slalom fahren um durch zu kommen. Wir waren sehr erleichtert, als wir die Strecke endlich geschafft und die gut ausgebaute Panoramastraße erreicht haben.

Nach Dorgali, ein sehr schönes Städtchen am Fuße des Mt. Bardia, kamen wir nach Oliena und von dort direkt nach Nuoro. Diese Stadt zu durchfahren ist ein Kunststück. Die Wegweiser sind so unübersichtlich angebracht, dass man sich leicht verfahren kann. Von hier aus wollten wir über Bono nach Oziere fahren, das aber mißlang gründlich. Ich habe den Fehler noch bemerkt und hielt mit Kurt an der Kreuzung an, aber Jaco fuhr unbeirrt weiter. Nach einer Weile kam er zurück und überredete uns auf dieser Straße weiter zu fahren. Dann kam ein Fahrverbots-Schild, wir fuhren immer noch weiter. Doch dann kam die Quittung.

Jaco mußte auf Reserve schalten und zu allem Überfluß war die super ausgebaute Straße zu Ende. Irgendwann einmal wird hier die Straße gebaut, aber im Moment führt nur ein Schotterweg weiter. Sollen wir oder sollen wir nicht. Eine Umkehr bringt Probleme, Jaco hat zu wenig Most. Also weiter. Nach ca. 10 km erreichten wir dann die N 389 welche nach Ozieri führt. Hier konnten zwei Tanks aufgefüllt werden. So erreichten wir dann am frühen Nachmittag wieder die Hafenstadt. Die Fähre lag bereits am Pier und wir konnten unsere Motorräder im Bauch des Schiffes festbinden. Anschließend suchten wir die Kabine auf. Eine frische Dusche war das was wir jetzt gut gebrauchen konnten. Um halb neun Uhr lief die Fähre aus, um mit anderthalb Stunden Verspätung wieder am anderen morgen in Genua zu sein.


Samstag, 19.06.99

Offenbar ist das bei dieser Fährschiffsgesellschaft gang und gäbe mit solchen Verspätungen zu kalkulieren. Bis wir ausgeladen haben war es halb elf Uhr. Das Wetter war regnerisch. So fuhren wir mit dem Kampfanzug weiter bis kurz vor Mailand, wo wir etwas essen konnten. Der Seitenwind war zeitweise so stark, dass man in Schräglage fahren mußte. Auch im Tessin sah das Wetter nicht viel besser aus. Wir vereinbarten einen Treffpunkt bei Biasca, um hier außerhalb der Autobahn aufzutanken. Doch niemand war da, dann kam Jaco und deutet weiter zu fahren bis zur Raststätte Airolo. Auch hier war kein Kurt aber auch kein Jaco mehr,

Offenbar ist ihm der Schnaps vorher ausgegangen. Nach ca. einer Stunde zog ich es dann vor, alleine über den Gotthard nach Hause zu fahren, wo ich gegen halb sechs Uhr mit starken Kopfschmerzen eintraf. Wahrscheinlich hat mir der Wetterumschlag mehr zugesetzt als ich befürchtet habe.


 

Autor: Franz Märchy